Am 9. und 10. November startet die Opernsaison der Stiftung Haydn in Bozen mit einem abwechslungsreichen Programm: Gianni Schicchi, eine bissige Komödie in einem Akt von Giacomo Puccini und Pierrot Lunaire von Arnold Schönberg, basierend auf Gedichten von Albert Giraud. Wir haben mit unserem künstlerischen Leiter, Giorgio Battistelli, über die Erwartungen des Publikums gesprochen.
Die Oper – eine der größten kulturellen Errungenschaften
veröffentlicht am
Venerdì
18 ottobre 2024
Können Sie uns erzählen, warum Sie dieses spezielle Doppelprogramm – Gianni Schicchi und Pierrot Lunaire – ausgewählt haben?
In einer Zeit wie unserer, in der wir oft mit politischen, religiösen, wirtschaftlichen oder kulturellen Gegensätzen konfrontiert sind, ist es wichtig, einen Dialog zu führen und einander zu zuhören – genau das zeigt auch unser Programm. Puccini und Schönberg, zwei Giganten der Musikgeschichte, mögen auf den ersten Blick sehr verschieden wirken. Aber beide hatten die Fähigkeit, einander zu zuhören. Puccini, manchmal mit einem Hauch von Ironie, aber stets reflektierend, richtete den Blick stets auf andere musikalische Strömungen und ließ sich von unterschiedlichen ästhetischen Ideen inspirieren – so auch von Schönberg. Und Schönberg tat dasselbe, besonders in seinen späteren Jahren.
Wie würden Sie die beiden Werke beschreiben?
Man könnte sie auf ihre Essenz reduzieren: Pierrot Lunaire ist ein visionäres und transparentes Werk, es steht für musikalische Utopie und ein Theater des Geistes und der Vorstellungskraft. Gianni Schicchi hingegen ist eine Komödie, in der Puccini neue Wege beschreitet. Es ist eine leichte, aber dennoch tiefgründige Oper – ironisch, aber nicht albern, humorvoll, aber nicht übertrieben. Sie lässt uns über das Leben lachen, selbst angesichts des Todes. Puccini schafft es, dies auf eine respektvolle und natürliche Weise zu tun.
Viele wissen vielleicht nicht, dass sich Puccini und Schönberg sogar begegnet sind…
Ja, das stellt noch einmal ihre Fähigkeit zuzuhören unter Beweis. Heutzutage ist das Zuhören eine seltene Qualität geworden: Alles, was außerhalb unserer eigenen Kultur liegt, betrachten wir als „dissonant“. Puccini und Schönberg waren jedoch neugierig aufeinander! Puccini hörte sich die Werke anderer Komponisten in Italien, Europa und darüber hinaus an. Das ist eine wunderbare Form des Respekts. Die beiden trafen sich in Florenz, bei der Uraufführung von Pierrot Lunaire. Schönberg war tief beeindruckt, als er Puccini mit der Partitur auf den Knien im Publikum sitzen sah – er schrieb in einem Brief: „Es war bewegend, den großen Puccini dort zu sehen“. Diese Begegnung ist eine Lektion in Kultur und Menschlichkeit.
Was erwartet das Publikum in Bozen?
Aus dramaturgischer Sicht werden die beiden Werke fast nahtlos hintereinander gezeigt. Wir beginnen mit Pierrot Lunaire, als eine Art Ouvertüre. Ich finde es faszinierend, wie wir von einem modernen Komponisten des 20. Jahrhunderts zu einem der großen Vertreter des italienischen Melodramas übergehen. Die Inszenierung von Schönbergs Werk wird minimalistisch, fast visionär und symbolisch sein. Einige Bühnenbilder und Charaktere tauchen in beiden Werken auf, was einen interessanten dramaturgischen Zusammenhang schafft und die Brücke zwischen den beiden Welten schlägt.
Für wen haben Sie dieses Programm entwickelt? Wen möchten Sie ins Theater einladen?
Ich hoffe, ein Publikum anzusprechen, das sowohl die Tradition der Oper liebt als auch neugierig auf die innovativen Ausdrucksmöglichkeiten des Musiktheaters ist. Die Oper ist eine der größten kulturellen Erfindungen der Menschheit. Selbst nach Jahrhunderten gelingt es ihr, menschliche Gefühle auf eine Art und Weise darzustellen, die selbst moderne Medien wie Kino oder Fernsehen nicht erreichen. Das Melodram berührt die tiefsten Dimensionen des Menschseins. Deshalb hoffe ich, Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund anzusprechen und sie wieder ins Theater zu bringen. Mein Ziel ist es, in Bozen ein europäisches Labor zu schaffen, das hilft, kulturelle und ästhetische Barrieren zu überwinden und die faszinierende Komplexität unserer Zeit zu reflektieren.