Zur Rezeption von Modern Times
Die Premiere von Modern Times fand am 5. Februar 1936 im Rivoli Theatre in New York statt. Während der ersten Woche spielte der Film 63.790 Dollar ein, damals ein hübsches Sümmchen, doch es war ein Strohfeuer. Modern Times kostete die Produzenten fünfhunderttausend Dollar und stieß in den USA hauptsächlich auf Ablehnung, kämpfte man
doch damals gegen die große Wirtschaftskrise an, während der Film in Nazi-Deutschland als “zersetzendes” und kommunistisches Machwerk verunglimpft wurde. In Frankreich und England lief es etwas besser, während Benito Mussolini in Italien sein Nulla osta an die Bedingung knüpfte, eine Szene müsse gestrichen werden. Diese Chaplinsche Satire konnte nur auf eine geteilte Aufnahme stoßen, war doch darin die existentialistische, melancholisch verhaltene Zivilisationskritik an den prekären Arbeitsverhältnissen und der Entfremdung der Arbeiter am Fließband einer Ford-Fabrik nicht zu übersehen (tief in das kollektive Gedächtnis hat sich die Szene eingeprägt, in welcher der mittlerweile zur Maschine verkümmerte Protagonist immer weiter Schrauben dreht und gar nicht bemerkt, dass er dies auch am Kleid der Sekretärin des Direktors zu tun versucht: ein unsterblicher Einfall). Als ob er die verbreitete ablehnende Haltung erahnt hätte, erklärte Chaplin, sein Protagonist sei der Mensch schlechthin. Er habe ihm niemals einen Namen gegeben – es sei der Mensch an sich, jeder Mensch. Er sollte recht behalten – Modern Times gehört seit Jahrzehnten zum eisernen Bestand der wenigen von einem wirklichen Millionenpublikum in der ganzen Welt gesehenen Filme. Seine Aktualität ist unbestreitbar, selbst in amüsanten und gewissermaßen naiven Szenen, die dem Zuschauer entwürdigende Arbeitsbedingungen vor Augen führen, welche aber auch heute nicht überwunden sind, auch nicht in einem Land wie Italien.